Mit fast 95 Prozent der Stimmen ist Florian Graf zum neuen Chef der Berliner CDU-Fraktion gewählt worden. Bei den Sozialdemokraten konnte sich Raed Saleh als Fraktionsvorsitzender durchsetzen.

Neuer Vorsitzender der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus ist Florian Graf. Die Fraktion wählte ihren 38 Jahre alten bisherigen Parlamentsgeschäftsführer am Donnerstag zum Nachfolger von Frank Henkel, der als Innensenator auf die Regierungsbank wechselt.

Wie eine Fraktionssprecherin mitteilte, erhielt Graf fast 95 Prozent der Stimmen: 35 der 37 anwesenden CDU-Abgeordneten votierten für ihn, einer stimmte mit Nein, einer enthielt sich. Als neue Parlamentarische Geschäftsführer wählte die Fraktion Oliver Friederici, Heiko Melzer und Sven Rissmann. Sie wurden den Angaben zufolge ebenfalls mit großer Mehrheit gewählt.

Zudem stellten die Abgeordneten Florian Graf vier Stellvertreter zur Seite: Die bisherige Stellvertreterin Cornelia Seibeld wurde wiedergewählt, außerdem stimmten die Christdemokraten für Michael Dietmann, Stefan Evers und Dirk Stettner.

Der neue Mann an der Spitze der Berliner CDU-Fraktion gilt als ruhiger, besonnener Fachpolitiker. Graf wurde 2006 erstmals ins Abgeordnetenhaus gewählt, der Finanzexperte vertritt dort den Wahlkreis Mariendorf. 2009 wählte die CDU-Fraktion ihn zum Parlamentarischen Geschäftsführer. Graf ist auch Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Tempelhof-Schöneberg. Der neue Fraktionschef ist ausgebildeter Verwaltungswirt und hat einen Doktortitel in Politikwissenschaft.

Im Untersuchungsausschuss zu illegalen Auftragsvergaben des Landesunternehmens Howoge an einen SPD-Abgeordneten kritisierte Graf die Genossen. Auch Themen wie den umstrittenen Grundstücksverkauf am Spreedreieck oder den planlosen Umgang mit dem Flughafen Tempelhof legte er den Sozialdemokraten zur Last. Dass der Ton des Oppositionspolitikers dabei meist milde blieb, dürfte der Arbeit in der gemeinsamen Regierungskoalition mit der SPD nun nützen.

Hilfreich könnte auch sein, dass Graf auch die Perspektive der Regierenden kennt: Im letzten Jahr des Senats von Eberhard Diepgen (CDU) war er Referent in der Senatsverwaltung für Wirtschaft. Zuvor hatte er drei Jahre in der Senatsverwaltung für Inneres gearbeitet. Florian Graf ist verheiratet und hat ein Kind.

Bei den Berliner Sozialdemokraten setzte sich der Kreisvorsitzende Spandaus, Raed Saleh, mit 32 zu 15 Stimmen gegen Frank Zimmermann durch. Er tritt damit die Nachfolge von Michael Müller an, der als Stadtentwicklungssenator in die rot-schwarze Landesregierung gewechselt ist. Saleh war bislang integrationspolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Der 34-Jährige fordert "eine stabile Koalition, in der sozialdemokratische Positionen erkennbar sind und erkennbar bleiben". Zu seinen Stellvertretern bestimmten die Abgeordneten Jörg Stroedter, Andreas Kugler, Ülker Radziwill, Susanne Kitschun und Clara West. Zum Parlamentarischen Geschäftsführer wurde Torsten Schneider gewählt.

Saleh zählt zum linken Flügel des Landesverbands und gilt als durchsetzungsstark. Er ist einer, der sich durchgeboxt hat: Er kam im West-Jordanland zur Welt und wuchs in Spandau auf – einem Stadtteil mit vielfältigen sozialen Problemen. Saleh machte Abitur, stieg in eine Restaurant- und dann eine Medienfirma ein.

Vor allem aber hat er sich der Politik verschrieben: Mit 18 Jahren ging er in die SPD, sieben Jahre später wurde er Kreischef. 2006 zog er als Spandauer Direktkandidat ins Abgeordnetenhaus ein, wurde integrationspolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Seine Themen sind starke Stadtteile, bezahlbare Mieten und Bildung, wie er sagt. In Spandau initiierte der verheiratete Vater zweier kleiner Söhne ein Projekt „Stark gegen Gewalt“. Jugendliche laufen Streife mit der Polizei. Das bringe Menschen zusammen, baue Vorurteile ab, sagt Saleh. „Die Bilder in den Köpfen, die Klischees sind abgeschafft.“