Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zu den Brandanschlägen auf Bahnanlagen in Berlin und Brandenburg übernommen. Die Karlsruher Behörde ist unter anderem zuständig für die Verfolgung terroristischer Gewalttaten. Der Verdacht richte sich „gegen bislang unbekannte Täter wegen des Vorwurfs der verfassungsfeindlichen Sabotage und anderer Straftaten“, sagte der Behördensprecher. Das Bundeskriminalamt sei mit den weiteren Ermittlungen beauftragt, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am Mittwoch.
Der Sprecher wollte sich nicht dazu äußern, ob man linksextremistische Täter im Visier habe. Die Berliner und Brandenburger Polizei wird nun bei ihren Ermittlungen von Beamten des Bundeskriminalamtes unterstützt.
Der Generalbundesanwalt ist auf dem Gebiet des Staatsschutzes die oberste Strafverfolgungsbehörde der Bundesrepublik Deutschland. Dies gilt nicht nur für Terrorismus, Spionage, Landesverrat oder Straftaten gegen das Völkerrecht. Die Bundesanwaltschaft kann die Strafverfolgung auch bei anderen schweren Straftaten von der örtlichen Staatsanwaltschaft an sich ziehen. Dazu müssen die Delikte „bestimmt und geeignet“ sein, „die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen“. Zudem muss die Bundesanwaltschaft eine „besondere Bedeutung des Falles“ bejahen.
Der Tatbestand der „verfassungsfeindlichen Sabotage“ ist in § 88 des Strafgesetzbuches geregelt. Demnach wird mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft, wer „absichtlich bewirkt“, dass Anlagen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, ganz oder zum Teil außer Funktion gesetzt werden, und sich „dadurch absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt“. Dies gilt für jeden, der als „Rädelsführer oder Hintermann einer Gruppe“ oder auch als Einzelner entsprechend handelt.
Die gefundenen Brandsätze auf einer Karte visualisiert
Immer neue Funde von Brandsätzen entlang von Bahngleisen erschüttern seit Montag die Region und haben den Bahnverkehr streckenweise zum Erliegen gebracht. Bisher wurden, nach Informationen von Morgenpost Online, 16 Brandsätze an sieben Stellen in der Region entdeckt. Zuletzt waren Bahnmitarbeiter am Mittwochvormittag auf drei Brandsätze gestoßen, zwei an der ICE-Strecke Berlin-Hamburg nahe Berlin-Staaken und zwei zwischen den Bahnhöfen Südkreuz und Schöneberg.
Eine der Brandbomben, die in Staaken gefunden wurde, ist nach Angaben der Polizei schon vor einiger Zeit explodiert. Die Funde sorgen weiter für Störungen im Fern- und Regionalverkehr der Bahn. Die Polizei schloss nicht aus, dass es noch weitere, nicht entdeckte Brandsätze gibt. Bahn und Bundespolizei hatten bereits die Kontrollen am Dienstag in ganz Deutschland verstärkt. Zudem lässt die Bahn ihre Sicherheitsmitarbeiter die Gleisanlagen kontrollieren.
Die Sicherheitsbehörden vermuten die Täter in linksextremistischen Kreisen. Zeitgleich mit den Attacken gegen die Bahn war am Montag ein Bekennerschreiben aufgetaucht. Eine linksextreme Gruppe protestiert darin gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Der Berliner Verfassungsschutz geht dabei von einer isolierten Einzelgruppe aus.
Neue Debatte über Terror von Links
Die Funde haben eine neue Debatte über die Gefahr durch linksextremistische Gewalttäter entfacht. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte bereits am Dienstag gewarnt: „Die Gewalttätigkeit der Linksextremisten nimmt beängstigende Formen an.“
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) bezeichnete die jüngsten Brandanschläge auf Bahnstrecken als „verbrecherische, terroristische Ansätze einer neuen Dimension“. Er lobte am Mittwoch in Berlin zugleich die Sicherheitsbehörden, weil sie die meisten Anschläge vereiteln konnten.
Die Taten bereiteten ihm „große Sorge“, sagte der Minister. Er setze darauf, dass es den Behörden gelinge, „diese Brandherde aufzudecken und zu beseitigen, egal, ob sie von Links- oder Rechtsextremen verübt“ worden seien.
Noch deutlicher wurde der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU). In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte er: „Der Linksextremismus eskaliert zum Linksterrorismus.“ Die jüngsten Anschlagsversuche auf Bahnanlagen seien keine Zufallstaten mehr. „Das ist eine weitere Verschärfung im Rahmen einer ganzen Kette linksextremistischer Anschläge.“ Politiker der Grünen und der Linkspartei wandten sich gegen voreilige Schlüsse.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte dagegen am Mittwoch vor Beginn seiner Koalitionsverhandlungen mit der CDU: „Ich gehe nicht davon aus, dass uns hier ein neuer Linksterrorismus droht. Selbstverständlich ist das aber ein furchtbarer Zustand, dass Menschen andere Menschen gefährden. Das muss bekämpft werden.“