Wegen A100

Klaus Wowereit lässt Rot-Grün in Berlin platzen

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Rot-Grün in Berlin ist gescheitert

Die rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Berlin sind bereits in der ersten Runde am Streit über die Verlängerung der Autobahn A100 geplatzt.

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Als Wahlsieger und SPD-Spitzenmann hatte Klaus Wowerreit das letzte Wort. Er ließ die rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Berlin bereits in der ersten Runde scheitern. Die Grüne Renate Künast attackiert den Politiker heftig. Die CDU steht bereit. Und auch die Piraten bringen sich ins Spiel.

Die SPD hat die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen in der Hauptstadt platzen lassen. Die Gespräche scheiterten am Mittwoch bereits nach gut einer Stunde an den unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten zur Stadtautobahn A100. Das gaben der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der SPD-Vorsitzende Michael Müller sowie die Grünen-Chefin Bettina Jarasch anschließend bekannt.

Die SPD wollte diese Stadtautobahn um 3,2 Kilometer verlängern, falls eine Umwidmung der Bundes-Gelder nicht möglich sei. Die Grünen haben den Autobahnbau unter allen Umständen strikt abgelehnt. Beide Seiten schoben sich gegenseitig die Schuld für den Abbruch der Verhandlungen zu.

„Wir haben deutlich Kompromissangebote gemacht. Aber es gibt einen Punkt, wo alle Gespräche mal beendet sind“, sagte Müller. Der sei mit dem erneuten Kompromissangebot erreicht gewesen. „Wir erkennen hier nicht die Kompromissbereitschaft der Grünen“, kritisierte der SPD-Chef.

Künast attackiert Wowereit

Seine Grünen-Kollegin Jarasch erklärte dagegen: „Es ist nicht wirklich an der A100 gescheitert.. Es gab nicht wirklich den Willen bei der SPD, gemeinsam mit uns eine Koalition einzugehen.“ So ähnlich formulierte es auch Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann.

Ex-Spitzenkandidatin der Berliner Grünen, Renate Künast, wurde noch deutlicher: Die Traumkoalition der Berliner SPD und von Wowereit scheine seit langem Rot-Schwarz zu sein. „Vom Wahlkampf bis zu den Sondierungen hat er auf die Grünen eingeschlagen“, sagte Künast. „Er wollte eine Kapitulation und keine Koalition.“

Zuletzt hatten SPD und Grüne in Berlin von Juni 2001 bis Januar 2002 in einem rot-grünen Minderheitssenat zusammen regiert, der von der damaligen PDS toleriert worden war. Zuvor hatten die drei Parteien den langjährigen CDU-Regierungschef Eberhard Diepgen mit einem konstruktiven Misstrauensvotum gestürzt. Die SPD hatte davor die große Koalition mit der CDU wegen deren Parteispenden- und Bankenaffäre platzen lassen. Den ersten rot-grünen Senat hatte es zu Zeiten des Mauerfalls 1989/1990 gegeben.

A100-Kompromiss anders interpretiert

Das mögliche rot-grüne Bündnis scheiterte nach den Worten Wowereits an der Autobahn. „Bei dem Thema A100 sind die Positionen offenbar nicht in Einklang zu bringen“, sagte er. „Es geht jetzt einfach um die Feststellung, dass das offensichtlich nicht klappt.“

Die Landesvorstände von SPD und Grünen hatten am 26. September die Aufnahme von rot-grünen Koalitionsverhandlungen beschlossen. Der von SPD und Grünen erzielte Kompromiss zur A100 war nicht tragfähig ist. Beide Parteien interpretierten ihn unterschiedlich. Die Grünen sperrten sich strikt gegen den Weiterbau, auch wenn eine Umwidmung der Bundesmittel in Höhe von 420 Millionen Euro dafür nicht möglich wäre. Die SPD wollte dann bauen.

Berliner CDU-Chef zeigt sich bereit

Nun steht die Berliner CDU für Koalitionsverhandlungen mit der SPD bereit. „Es bleibt dabei, wir sind uns unserer Verantwortung als zweitstärkste Kraft für diese Stadt bewusst. Sollte es ein Verhandlungsangebot der SPD geben, werden wir uns dem nicht verschließen“, sagte der CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Frank Henkel Die Nachricht vom Platzen der rot-grünen Koalitionsgespräche erreichte Henkel bei ein paar freien Tagen in Thüringen.

Das dreistündige Sondierungsgespräch mit der SPD habe eine solide Basis für weitere Gespräche aufgezeigt, sagte der CDU-Chef. „Wir müssen abwarten, ob Klaus Wowereit auf uns zukommt“, sagte Henkel. Der Ball liege im Spielfeld der SPD.

Zum Scheitern von Rot-Grün sagte Henkel: „Es war für jeden sichtbar, dass es bei SPD und Grünen keine vertrauensvolle Basis gibt.“ Das hätte für die nächsten fünf Jahre jeweils nur Mini-Kompromisse bedeutet, was zum Schaden Berlins gewesen wäre.

Ein rot-schwarzes Bündnis hätte zehn Stimmen mehr als die absolute Mehrheit, die für die Wahl des Regierenden Bürgermeisters gebraucht wird. Rot-Grün hätte nur eine Stimme mehr gehabt.

Piraten regen rot-rot-orangene Koalition an

Aber auch die Piraten brachten sich ins Spiel. Die Fraktion der Berliner Piratenpartei will nach dem Scheitern der rot-grünen Koalitionsverhandlungen über ein mögliches Bündnis mit SPD und Linke beraten. Eine rot-rot-orangene Koalition hätte die notwendige Mehrheit für eine Regierung. „Wir eruieren auf einer Sondersitzung der Fraktion, ob wir für ein Bündnis mit SPD und Linke offen wären“, sagte Piraten-Fraktionsvorsitzender Andreas Baum. Die Piratenpartei hatte bei der Abgeordnetenhauswahl am 18. September überraschend 8,9 Prozent erreicht. Allerdings gab es bisher weder bei den Piraten noch bei der Linken eine Mehrheit für die A100.

( dpa/dapd/ap )