Rund 2,47 Millionen Berliner sind am Sonntag dazu aufgerufen, über eine vollständige Offenlegung der Wasserverträge abzustimmen. Die Initiatoren vom Berliner Wassertisch wollen so erreichen, dass alle Vertragstexte, Nebenabsprachen und Aktenvermerke zum Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe im Jahr 1999 veröffentlicht werden. Die Privatisierung gilt als eine Ursache für die hohen Wasserpreise in der Hauptstadt. Für einen Erfolg des Volksentscheids müsste mindestens ein Viertel der Berechtigten teilnehmen; zudem müsste dann eine Mehrheit von mindestens 616 571 Berlinern mit Ja stimmen.
Es ist der dritte Volksentscheid seit 2008. Die beiden vorherigen Volksentscheide über eine Offenhaltung des Flughafens Tempelhof und die Einführung eines Wahlpflichtfaches Religion in Berlin scheiterten an nicht ausreichender Beteiligung.
Kurz vor dem Volksentscheid über die Berliner Wasserbetriebe vermuten die Initiatoren weitere Belege, dass noch nicht alle Verträge auf dem Tisch liegen. Der Berliner Wassertisch legte dazu einen Bericht von Wirtschaftsprüfern zum Jahresabschluss 1999 der Berliner Wasserbetriebe vor. Der Senat wies den Vorwurf zurück.
Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast warf dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vor, Berlin zu belügen. Sie forderte die Bürger auf, zum Volksentscheid zu gehen und mit „Ja“ abzustimmen. Rund 2,47 Millionen Berliner können an diesem Sonntag darüber entscheiden, ob alle Vertragstexte und Nebenabsprachen zum Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe 1999 offengelegt werden müssen. Der Senat hält das für überflüssig. Er hat fast 700 Seiten ins Internet gestellt. Damit seien alle Verträge öffentlich.
In dem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, aus dem der Berliner Wassertisch am Sonnabend Auszüge verbreitete, sprechen die Prüfer dagegen von einen Kauf- und Übertragungsvertrag, mit dem das Land am 31. August 1999 knapp die Hälfte seiner Anteile an der Berlinwasser Holding an die RWE-Veolia Berlinwasser Beteiligungs AG (RVB) übertrug, eine Gesellschaft der privaten Investoren. Dieser Vertrag steht nicht im Internet.
„Das sollte alle aufhorchen lassen“, sagte der Sprecher der Initiative, Thomas Rudek. Der genannte Vertrag stehe im Kontext der Teilprivatisierung und hätte damit veröffentlicht werden müssen, fügte er hinzu. Künast erklärte:„Die Unterlagen des Landes Berlin gehören nicht dem Senat, sondern der ganzen Stadt.“
Eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Finanzen sagte dagegen:„Wir haben alle Verträge, die im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung stehen und zwischen dem Land und den privaten Anteilseignern geschlossen worden sind, offen gelegt.“