Umstrittene Thesen

SPD-Abgeordnete ruft zu Protest gegen Sarrazin auf

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Sarrazin sorgt für Empörung

Mit schrillen Tönen in der Ausländerdebatte bringt sich der umstrittene Bundesbankvorstand und ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin immer mehr in die Schusslinie.

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Am Montag will Bundesbanker Thilo Sarrazin in Berlin sein neues Buch über die Integration in Deutschland vorstellen. Seine Parteifreundin Mechthild Rawert rief dafür zu einer Protestkundgebung auf.

Die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert und mehrere Parlamentarier der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus haben für Montag zu einer Protestkundgebung des Berliner Bündnisses „Rechtspopulismus stoppen“ vor dem Haus der Bundespressekonferenz in der Hauptstadt aufgerufen. Dort wollen der Bundesbanker Thilo Sarrazin und sein Verlag das Buch vorstellen, an dem sich die aktuelle Kritik entzündet. Bisher ist Sarrazins 464 Seiten starkes Werk mit dem Titel „Deutschland schafft sich ab“ nur in einzelnen Auszügen bekannt. Darin warnt der Bundesbanker davor, dass die Deutschen zu „Fremden im eigenen Land“ werden könnten. „Herr Sarrazin ist ein unbelehrbarer 'Wiederholungstäter', der die Grundwerte der SPD mit Füßen tritt“, kritisierte Rawert.

Mit verstärktem Druck will die SPD den Bundesbankvorstand Sarrazin zum Parteiaustritt bewegen. Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD, Michael Müller, hielt dem früheren Berliner Finanzsenator in einem Schreiben vor, sich mit seinen Positionen zur Ausländerintegration von sozialdemokratischer Integrationspolitik und von sozialdemokratischer Politik insgesamt zu entfernen. „Da Du aber diesen Weg offenbar weitergehen willst, fordere ich Dich auf, gehe ihn ohne die SPD und tritt aus der Partei aus“, schrieb Müller. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte Sarrazin bereits den Parteiaustritt nahegelegt.

„Seit unserer Gründung bis heute ist es Kern unserer Politik, jene in die Gesellschaft zu integrieren, die drohen aus ihr herauszufallen – waren das in früheren Zeiten die einfachen Arbeiter, später die Generation der Gastarbeiter oder heute sozial Benachteiligte – ob mit oder ohne Migrationshintergrund“, schrieb der SPD-Landesvorsitzende an Sarrazin. „Dabei verfolgt die Sozialdemokratie seit jeher eine emanzipatorische Zielsetzung. Die Sprengung „einengender Fesseln“, egal ob aufgrund religiöser, kultureller oder sozialer Herkunft und das Recht auf individuelle Selbstbestimmung sind unser Ziel.“

Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) legte ihrem Parteikollegen den Austritt aus der SPD nahe. Nach ihrer Ansicht sei er dort „nicht mehr richtig aufgehoben“, sagte Kraft der „Rheinischen Post". Die Äußerungen des Bundesbankvorstandsmitgliedes über eine mangelnde Integrationsbereitschaft und -fähigkeit von Migranten seien unerträglich.

Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, ging mit Sarrazin scharf ins Gericht. Sie hielt ihm vor, in seinen sieben Jahren als Berliner Finanzsenator nichts getan zu haben, um die schlechten Bildungsergebnisse in der Hauptstadt zu verbessern. „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“, sagte die Staatsministerin im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Sie plädierte außerdem erneut für die Einrichtung eines Integrationsministeriums mit eigenem Budget.

Die frühere langjährige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth warf Sarrazin im Gespräch mit „Focus Online“ vor, mit seinen Integrationsthesen Vorurteile gegen Muslime zu schüren. Nach Ansicht des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin liegen wesentliche Forderungen des früheren Senators zur Integrationspolitik jenseits des unveränderlichen Kerns des Grundgesetzes.

( dpa/sei )