Nachnutzung

So soll der Flughafen Tempelhof zum See werden

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Katrin Schoelkopf

Für das ehemalige Flughafengelände Tempelhof gibt es viele Ideen, aber kein Konzept. Nun beginnt die Bürgerbeteiligung. Besonders spektakulär: In Privatinitiative wollen zwei Berliner das Fugfeld in einen See verwandeln.

Die Bürgerbeteiligung zur Gestaltung des Parks auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof hat noch gar nicht begonnen, da gibt es bereits einen neuen spektakulären Vorschlag für das Tempelhofer Feld – jenseits aller Senatsplanung und in Privatinitiative. Die beiden Berliner Martin Brosch (53) und Sybe Izaak Rispens (41) wollen das Tempelhofer Feld in einen riesigen See, den „Tempelhofer See mit umgebenden Parklandschaften“ verwandeln. 200 Hektar groß und vier Meter tief soll das neue innerstädtische Gewässer mit Insel und Seebrücke werden. Der Durchmesser beträgt allein 1,8 Kilometer. Ein gigantisches Projekt. Auf der Insel planen die beiden Tempelhof-Visionäre eine 180 Meter hohe Windkraftanlage. Diese wäre dann 30 Meter höher als der Funkturm.

Dem Senat werfen die beiden Ideengeber vor, „das Potenzial des Geländes“ in Tempelhof nicht auszuschöpfen. Viel zu wenig Geld stünde zur Verfügung, und auch inhaltliche Vorgaben bremsten jegliche Fantasie. Alle Entwürfe, die der vom Senat initiierte landschaftsplanerische Wettbewerb im Juni hervorgebracht habe, gingen daher in die gleiche langweilige Richtung, sagt Rispens. „Wir aber wollen mit dem fantastischen See die Weite des Geländes festhalten.“

Schon vor einigen Wochen haben der Grafikdesigner Brosch und der Kommunikationswissenschaftler Rispens mit der Werbung für ihr Projekt begonnen.

Sie haben Flyer drucken lassen, in denen sie ihr Projekt vorstellen, und sie haben Spaziergänger auf dem Tempelhofer Feld angesprochen. Die Resonanz sei super gewesen, sagt Rispens. Nur beim Senat habe die Idee weniger Begeisterung hervorgerufen. Denn Geldgeber haben Brosch und Rispens noch nicht, auch wenn sie glauben, dass sich große Energieversorger für das energieeffiziente Großprojekt mit internationaler Ausstrahlung interessieren könnten. Mit 230 Millionen Euro soll die Anlage des Sees das Vierfache dessen kosten, was der Senat für den neuen Tempelhofer Park mit 61,5 Millionen Euro eingeplant hat. Wer das bezahlen soll, ist offen. Brosch und Rispens jedenfalls wollen jetzt anlässlich der Bürgerbeteiligung „Parklandschaft Tempelhof“, zu der die Senatsverwaltung am Wochenende eingeladen hat, ihr Konzept präsentieren.

Zunächst aber wird Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher Freitagabend (19 Uhr) im ehemaligen Flughafengebäude (Alte Zollgarage, Zugang über Columbiadamm) eine Ausstellung zur Gestaltung der Parklandschaft auf dem stillgelegten Flughafenfeld im Flughafengebäude eröffnen. Gezeigt werden alle 78 Wettbewerbsarbeiten einschließlich der sechs Gewinnerentwürfe, die aus dem im März ausgeschriebenen landschaftsplanerischen Wettbewerb eingegangen sind. Im Juni hatte die Senatsverwaltung die sechs Siegerentwürfe vorgestellt. Spektakuläres war nicht dabei. Das mag an den finanziellen Vorgaben des Senats gelegen haben. Denn mehr als 61,5 Millionen Euro darf die Gestaltung des neuen innerstädtischen und 220 Hektar großen Parks nicht kosten. Das entspricht 25 Euro pro Quadratmeter.

Für Brosch und Rispens ist das eine lächerliche Summe, für die man in einem Baumarkt nur schlechten Bodenbelag bekommen würde. Ob die sechs prämierten Entwürfe zur Parkgestaltung tatsächlich so minderwertig sind, wie die beiden privaten Visionäre behaupten, können interessierte Berliner am Sonnabend (10 bis 18 Uhr) und Sonntag (11 bis 18 Uhr) im früheren Flughafengebäude (Altes Zollgebäude, Bauteil A2, Zugang Columbiadamm) beurteilen. Alle sechs Preisträger sind anwesend und laden zur Diskussion und zu Verbesserungsvorschlägen und Anregungen ein. Schließlich sollen die sechs Entwürfe in einer zweiten Runde unter Berücksichtigung der Bürgeranregungen verfeinert und optimiert werden. Im Dezember dann wird eine Jury den Siegerentwurf küren. Dessen Parkgestaltung soll dann auch tatsächlich umgesetzt werden.

Zu den Gewinnern gehören mit den Büros bbzi, Berlin, mit Topotek 1, Berlin und Capatti Staubach, Berlin drei hiesige Planer. Die drei weiteren Preisträger kommen aus Dresden (Rehwaldt Landschaftsarchitekten), aus Edingburgh (Gross.Max) und aus Paris (Base). Grundsätzlich orientieren sich alle Büros an dem, was da ist. Schließlich lautete eine der Vorgaben, die Start- und Landebahnen zu erhalten.

Dort etwa plant das schottische Büro Gross.Max eine Streuobstwiese, die mit einem Wiesenmeer kombiniert wird. Origineller ist der Entwurf der Planergruppe Capatti Staubach. Sie plant einen 25 Meter hohen Berg, um den sich ein Weg ähnlich einem Schneckenhaus windet. Landschaftsarchitekt Matthias Capatti verspricht sich von der Bürgerbeteiligung konstruktive Kritik. „Wir wollen alle Anregungen aufnehmen und in unseren Entwurf einarbeiten, ohne unser Konzept aber aufzugeben.“

Am Sonnabend wird auch Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) (Gebäude Bauteil A2) anwesend sein und um 11 Uhr mit interessierten Berlinern über „bürgerschaftliche Beteiligung“ diskutieren. Am Sonntag lädt dann Rainer Nagel, der Abteilungsleiter für Stadt- und Regionalplanung in der Senatverwaltung für Stadtentwicklung, um 11 Uhr zur Diskussion über die Wettbewerbsbeiträge ein. Die Ausstellung aller 78 Wettbewerbsbeiträge ist ab Sonnabend bis zum 12. September täglich, 12–18 Uhr, im ehemaligen Flughafengebäude geöffnet.

Der Vorschlag des schottischen Büros: Gross.Max planen am Vorfeld des einstigen Flughafens ein Wiesenmeer kombiniert mit einer Streuobstwiese

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

Der Wettbewerbsentwurf des Berliner Büros Capatti Staubach: Auf dem früheren Flughafengelände wird ein 25 Meter hoher Berg aufgeschüttet

Senatsverwaltung für Stadtenwicklung

Eine ganz neue Idee: Das ehemalige Flugfeld wird zum gigantischen See. Der Vorschlag zweier Berliner kostet jedoch deutlich mehr als die anderen Entwürfe

Brosch