Das alternative Kunsthaus Tacheles wird zum Monatsende geschlossen. Das teilte der vorläufig eingesetzte Insolvenzverwalter des Tacheles e.V., Joachim Voigt-Salus, am Mittwoch mit. Der Berliner Fachanwalt für Insolvenzrecht geht davon aus, dass die Räume in der legendären Kaufhausruine an der Oranienburger Straße in Mitte an den Gläubiger, und damit an den Zwangsverwalter der HSH Nordbank, zum Monatswechsel übergeben werden müssen. Auf Anfrage von Morgenpost Online bestätigte die HSH Nordbank gestern die bevorstehende Schließung, die voraussichtlich per Zwangsräumung durchgesetzt werden muss.
Grund für die drohende Schließung ist das voraussichtlich in vier Wochen startende Insolvenzverfahren für den Tacheles e.V. Die HSH Nordbank habe jetzt mangels Masse einen Kostenvorschuss geleistet, damit das Insolvenzverfahren stattfinden könne, teilte Voigt-Salus mit. Der Insolvenzverwalter sei damit gezwungen, die Räume an den Zwangsverwalter der Bank zu übergeben. Wie sonst üblich schütze das Insolvenzrecht den Tacheles e.V. nicht, in den Räumen zu verbleiben, da „das Mietverhältnis, mit dem der Kunstverein das Haus in der Oranienburger Straße nutzt, seit dem Jahreswechsel 2008/9 nicht mehr besteht“.
Bank bestätigt Schließung
Von der HSH Nordbank wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die damit einhergehende Schließung bestätigt. „Es ist richtig, das Insolvenzverfahren wird stattfinden“, sagte Gesine Dähn, Sprecherin der HSH Nordbank, gestern der Berliner Morgenpost. In den nächsten Wochen würden die Räume der kommerziellen Betriebe im Tacheles auf Basis der Entscheidung des Insolvenzgerichtes an den Zwangsverwalter der Bank herausgegeben. „Die Situation belegt noch einmal nachdrücklich, wie dringlich es ist, dass die, die für eine lebendige städtische Kulturszene Verantwortung tragen, eine tragfähige Lösung für die Künstler des Tacheles entwickeln“, sagte Dähn und sieht damit den Berliner Senat für das Problem Tacheles in der Verantwortung.
Insolvenzverwalter Voigt-Salus bedauerte, „dass die Bank während der vorläufigen Verwaltung trotz seiner Nachfragen nicht zu Verhandlungen bereit gewesen ist, um den Fortbestand des Kunsthauses zu ermöglichen“. Auch Vorstöße von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bei der Bank seien bisher erfolglos geblieben. „Die Bank hat das wirtschaftliche Ziel, das Kunsthaus zu schließen, um eine scheinbar möglichst optimale Zwangsversteigerung des gesamtes Objektes durchführen zu können“, teilte Voigt-Salus gestern mit.
Die im Kunsthaus ansässigen Künstler werden nach Angaben von Martin Reiter, Vorstandsmitglied des insolventen Tacheles e.V., nicht von sich aus weichen. „Wir gehen auch nicht davon aus, dass der Insolvenzverwalter, Herr Voigt-Salus, mit dem Knüppel durch das Haus ziehen wird, um uns zu vertreiben“, sagte Reiter. „Das müsste schon die Bank machen.“
Künstler planen wirksame Aktionen
Allerdings glaubt Reiter nicht, dass die Zwangsräumung bereits zum 1. August erfolgen wird. Man werde sich aber darauf vorbereiten und plane medienwirksame Aktionen. „Wir Künstler werden uns Uniformen aus dem Filmfundus besorgen und uns mit Schildern ,Wir sind die Künstler, das Volk' vor das Tacheles stellen. Die Polizei wird dann auf der anderen Seite stehen mit der Synagoge im Hintergrund. Das wird ein schönes Bild für internationale Fernsehteams geben“, sagt Reiter.
Um gegen die drohende Schließung des legendären Kunsthauses zu demonstrieren, ruft Reiter alle Unterstützer auf, sich am Sonnabend an der Mediaspree-Demo zu beteiligen und sich zwischen 15 und 16 Uhr am Tacheles einzufinden, um dann zum Roten Rathaus zu ziehen. „Wir appellieren an die Bank und die Politik, eine Lösung für das Tacheles zu finden“, sagt Reiter. Eine weitere Demonstration sei für den 26. Juli geplant.
Vonseiten der HSH Nordbank hieß es überdies, dass in diesem Jahr auf jeden Fall die Zwangsversteigerung für das gesamte, 24000 Quadratmeter große Gelände stattfinden werde.