Nach dem Beschluss des SPD-Parteitags zum Weiterbau der A100 laufen die Vorbereitungen an. Die gesperrten Millionenbeträge für die weitere Planung sollen möglichst schnell vom Abgeordnetenhaus freigegeben werden. Baubeginn ist nach Angaben von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) im Herbst 2011, voraussichtlich im Oktober nächsten Jahres.
Die SPD hatte am Sonnabend mit knapper Mehrheit den umstrittenen Ausbau der Stadtautobahn von Neukölln zum Treptower Park beschlossen. Die Verlängerung der Strecke um 3,2 Kilometer kostet 420 Millionen Euro. Während Berlin die Planungskosten übernimmt, bezahlt der Bund den Weiterbau. Damit übernimmt die Bundesregierung einen Großteil der Kosten. Mit der Autobahn soll die Anbindung zum Großflughafen BBI und zu Gewerbegebieten im Ostteil der Stadt gewährleistet werden. Zudem werden die Wohngebiete durch die Autobahn entlastet, sagt Senatorin Junge-Reyer. Nachdem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sich auf dem SPD-Parteitag massiv für den Weiterbau eingesetzt hatte („Es geht hier auch um die Regierungsfähigkeit“), votierte eine knappe Mehrheit von 113 zu 108 Stimmen für den Straßenausbau.
Mehr Tempo-30-Zonen
Das Verkehrskonzept, das Junge-Reyer damit verbindet, sieht zudem vor, dass Tempo-30- und Parkraumbewirtschaftungszonen deutlich ausgeweitet werden sollen.
Der ADAC begrüßte das Votum des SPD Parteitages. „Wir wissen, dass lange diskutiert und abgewogen wurde. Wir freuen uns deswegen umso mehr, dass die Mehrheit der Delegierten für den Weiterbau plädierte. Das ist ein mutiges und zukunftsweisendes Signal an die Bevölkerung im Osten der Stadt“, sagte Dorette König, Vorstand für Verkehr des ADAC Berlin-Brandenburg. Der ADAC werde allen Beteiligten mit fachlichem Rat jederzeit zur Seite stehen. Mit der Autobahn würden Verkehrsströme aus Wohngebieten herausgehalten – die Bürgerinnen und Bürger profitierten von mehr Ruhe und weniger Abgasen. „Eine Verlängerung der A100 wird daher die Lebensqualität im Osten verbessern, weil sie Verkehr bündelt und damit Nebenstraßen vom Durchgangsverkehr entlastet“, sagte König.
Kritik kam hingegen von den Grünen. Claudia Hämmerling, verkehrspolitische Sprecherin, sagte: „ Alle A-100-Gegner bei der SPD und der Linken können wir nur bestärken, denn der A-100-Ausbau ist verkehrspolitischer Unsinn. Schon heute steht fest, dass die von der SPD-Basis geforderten Entlastungen der Innenstadt vom Kfz-Verkehr nicht finanzierbar sind, denn nach Senatsberechnungen sind 6,7 Milliarden Euro in den kommenden Jahren für Grundinstandsetzung der Straßen und Schieneninfrastruktur erforderlich. Da gibt es keine finanziellen Spielräume“, sagte Hämmerling. Die minimalen Entlastungen in Neukölln durch die Autobahn würden mit dramatischen Belastungen in Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Pankow bezahlt. „Der Bund darf die A100 nur finanzieren, damit sie einen Transitverkehr über Berlin hinaus bewirkt. Die Transitwirkung entsteht über den Lückenschluss der A100 zur B 96a. Das bedeutet, dass insbesondere der Lkw-Verkehr die Abkürzung über die Warschauer und Danziger Straße, Schönhauser Allee und Pankow nach Norden wählen wird“, sagte Hämmerling.
Der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer sprach dagegen von einem „richtigen Zeichen“, sagte aber auch, dass die FDP neue Parkraumbewirtschaftungszonen ablehnt. Der Berliner Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte den Beschluss des Parteitages. Mit dem Votum für den Weiterbau falle die SPD „in eine rückwärtsgewandte Verkehrspolitik des letzten Jahrhunderts zurück“. Die Linke, die den Stopp des Weiterbaus auf einem Parteitag beschlossen hat, sieht nun Gesprächsbedarf. Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Ramona Pop und Volker Ratzmann, erklärten dazu: „Nun steht der Ärger für die Koalition ins Haus, weil die Linke Njet zur A100 gesagt hat.“
Wahrscheinlich wird der Weiterbau der Autobahn auch ein Wahlkampfthema. Denn ob die Verlängerung nach der Wahl im September 2011 Bestand hat, ist ungewiss. Die Parteien könnten die A100 wieder zum Thema von Koalitionsverhandlungen machen - und sogar stoppen.