Die seit Jahren steigenden Klagen gegen Hartz-IV-Bescheide werden auch in diesem Jahr die Arbeit der Sozialgerichte in Berlin und Brandenburg dominieren. Bei einer Verabschiedung des Sparpakets der Bundesregierung sei sogar mit einer neuen Klagewelle zu rechnen, sagte die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Monika Paulat, am Montag in Potsdam.
Mitarbeiter von Jobcentern seien oft nicht so ausgebildet, dass ihnen Entscheidungen mit Wechsel von Regel- auf Ermessensleistungen leicht von der Hand gingen. „Ermessensleistungen zu begründen ist schwierig, das ist streitanfällig. Und ich erwarte wieder eine Zunahme von Verfahren bei den Sozialgerichten“, prognostizierte die Gerichtspräsidentin.
Beklagt wurde nochmals das Fehlen klarer rechtlicher Regelungen bei Hartz IV. Beim Sozialgericht Berlin werde nach 39.000 neuen Hartz-IV-Klagen in 2009 in diesem Jahr mit 44.000 Eingängen gerechnet. Von Januar bis Mai habe es eine Steigerung von 35 Prozent gegeben. Die vier Sozialgerichte in Brandenburg (Potsdam, Neuruppin, Frankfurt/Oder und Cottbus) würden knapp 20.000 Verfahren erwarten, was dem Niveau des Vorjahres entspreche. Beim Landessozialgericht werde mit dem Eingang von knapp 4900 Verfahren gerechnet, nach 5100 im Vorjahr.
Seit der Einführung von Hartz IV gibt es eine Klagewelle nicht gekannten Ausmaßes. In Berlin, der Hauptstadt von Hartz IV, ist vergangene Woche die insgesamt 100.000 Klage eingegangen.
Eine Begründung für den Unterschied zwischen Brandenburg und Berlin konnte nicht genannt werden. In der Hauptstadt sei man eventuell klagefreudiger, zudem spreche es sich schnell herum, wenn eine Klage erfolgreich gewesen sei, sagte Paulat. Sie verwies darauf, die Sozialgerichte seien nicht nur für Hartz IV, sondern ebenso für Klagen gegen Kranken- und Unfallversicherungen sowie für Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig sein. Auch diese Kläger hätten Anspruch auf zeitnahe Entscheidungen. Nicht selten handele es sich um existenzielle Fragen für die Betroffenen.
Als erfreulich nannte Paulat die Aufstockung der Richterstellen um acht Positionen in Brandenburg. Insgesamt soll es 27 Neueinstellungen geben. Die Bildung eines gemeinsamen Landessozialgerichts für beide Länder hat sich nach Angaben von Paulat bewährt. Es seien gute Erfahrungen gemacht worden.