Berlin. Die Stimmung war geladen bei der Veranstaltung des Aktionsbündnisses „Rettet die Friedrichstraße“ am Mittwochabend. Bereits zum zweiten Mal innerhalb von sechs Wochen luden die Aktivisten zur Podiumsdiskussion. Erneut war das Interesse groß, alle Plätze besetzt; viele Interessierte, Anrainer und Aktivisten waren in das „Maximilians Berlin“ gekommen.
Anders als bei der ersten Veranstaltung des Aktionsbündnisses waren diesmal die Bezirksbürgermeisterin des Bezirks Mitte, Stefanie Remlinger, sowie die Verkehrsstadträtin des Bezirkes, Almut Neumann (beide Grüne), anwesend und äußerten sich zu Überlegungen, den Radverkehr komplett aus der Friedrichstraße auszuschließen: „Wenn es nach mir ginge, wären auf der Friedrichstraße keine Fahrräder und nur noch Fußgänger unterwegs“, sagte die Bezirksbürgermeisterin. Auch Verkehrsstadträtin Neumann schilderte ihre Beobachtungen in der Friedrichstraße: „Ich dachte bei manchen Fahrradfahrenden, Schrittgeschwindigkeit ist das nicht“, und versprach: „Das werden wir beobachten.“ Lesen Sie auch: Was wird jetzt aus der Fußgängerzone Friedrichstraße?
Weiter stellte Neumann die attraktive Lage der Friedrichstraße in den Vordergrund. „Das Potential ist noch nicht ausgereizt, die Begrünung wird kommen“, beteuerte die Politikerin, ohne bei dem Wann konkreter zu werden. Bezirksbürgermeisterin Remlinger bat, trotz der großen Herausforderungen, neugierig zu bleiben und miteinander ins Gespräch zu kommen. „Mit den ersten Sonnenstrahlen haben die Menschen die Friedrichstraße belebt“, gab sie sich optimistisch.
Handelsverband Berlin-Brandenburg: „Projekt Friedrichstraße ist gescheitert“
Neben den beiden Bezirkspolitikerinnen saßen Gerrit Buchhorn, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Berlin (DEHOGA Berlin), und Stefan Meinhold, ein Referent des Handelsverbands Berlin-Brandenburg (HHB) auf dem Podium. Meinhold bezeichnete das „Projekt Friedrichstraße als gescheitert“. Man müsse sich ehrlich machen, forderte er. Buchhorn betonte Bereitschaft zur Zusammenarbeit, forderte aber auch ein Aufeinanderzugehen von Seiten der Politik. Die Ziele seien dieselben, nämlich die Friedrichstraße wiederzubeleben, nur die Wege dorthin gingen auseinander.
In mehreren Fragerunden wandten sich die Anwesenden – viele von ihnen Anrainer und lokale Gewerbetreibende – an das Podium. Ein Anwohner schilderte seine Beobachtung, dass ein Rettungswagen wegen der Sitzmöbel nicht durchgekommen sei. Neben der Situation auf der Friedrichstraße und der Charlottenstraße wurde auch die Situation auf der Markgrafenstraße kritisiert, wo sich der Verkehr nun hinverlagere, seit die Charlottenstraße und die Friedrichstraße verkehrsberuhigt seien. Vermehrt wurde auch vorgeschlagen, die Charlottenstraße, statt der Friedrichstraße zur Fußgängerzone zu machen.
Zusammenarbeit des Bezirks mit der Senatsverwaltung
Deutlich wurde von den Anwesenden die Einbeziehung der Anwohnerinnen und Anwohner bei dem Prozess gefordert und Versäumnisse kritisiert. Naumann betonte mehrmals, dass Partizipation stattfinden werde und bereits stattgefunden hätte, verwies aber auch auf die zuständige Senatsverwaltung. „Der Bezirk hat nicht die Federführung“, sondern die neue Senatsverwaltung, zu der sie bereits Kontakt aufgenommen hätte.
Und auch die Bezirksbürgermeisterin betonte: „Ich suche das Gespräch mit den Eigentümern, denn auch ich glaube, dass es so nicht weitergeht.“ Doch machte auch deutlich, dass die Probleme der Friedrichstraße älter seien als die Verkehrsberuhigung.
Friedrichstraße als Veranstaltungsort
Zum Ende der aufgeladenen Diskussionsveranstaltung stellte Antje Osterburg vom Planungsbüro „bo[backoffice]“ das vorläufige Konzept für die nächsten Monate vor, welches geprägt von verschiedenen Veranstaltungen ist, wie zum Beispiel dem Fête de la Musique, französischen Filmnächten, einem Street-Food-Festival oder Fitness im öffentlichen Raum. Das erste Event auf der Friedrichstraße solle bereits zum Muttertag (14. Mai) stattfinden: eine Beauty-Night der Galeries Lafayette.
Die über zweistündige Diskussion zeigte deutlich, dass der Weg noch lang ist. „Mir war klar, dass wir heute nichts gewinnen können“, erklärte Bezirksbürgermeisterin Remlinger, „aber ich bin gekommen, um den Dialog wieder zu eröffnen.“ Neumann bat abschließen den Sommer abzuwarten und der Friedrichstraße eine Chance zu geben. Auf Begeisterung bei den Anwesenden stieß sie dabei nicht.