Berlin. Spektakulärer Schlag gegen die organisierte Kriminalität in Berlin: Am Dienstag ist mit Arafat A.-C. (42) einer der bekanntesten Clan-Chefs Berlins verhaftetet worden. Der Zugriff erfolgte völlig überraschend im Amtsgericht Tiergarten. A.-C. war zuvor erstmals verurteilt worden. Er bekam zehn Monate auf Bewährung wegen Körperverletzung und Bedrohung eines Hausmeisters in einem Sportstudio in Charlottenburg.
Eigentlich wollte der Clan-Chef nach der Urteilsverkündung gehen, als ihm der Richter in aller Ruhe mitteilte, er habe noch etwas anderes zu verkünden und zwar einen Haftbefehl. Den hatte die Staatsanwaltschaft am Tag zuvor wegen eines anderen Verfahrens erwirkt. In dessen Zentrum steht ein seit Monaten schwelender Streit mit dem Berliner Rapper Bushido. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über die Festnahme im Gerichtssaal berichtet.
Clan-Chef wurde in eine Zelle gebracht
Dabei soll es offenbar um eine möglicherweise geplante Entführung von Familienmitgliedern des Rappers Bushido gehen. A.-C., der ehemalige Geschäftspartner des Rappers, sei dringend der Verabredung zu einem Verbrechen verdächtig, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Die Staatsanwaltschaft bestätigte der Berliner Morgenpost, dass ein Haftbefehl wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr gegen Arafat A.-C. vorliege. Der Clan-Chef wurde noch am Dienstag in eine Zelle an der Turmstraße gebracht. Der Staatsanwaltschaft spielte auch die örtliche Begebenheit im Gericht in die Hände. Denn das Gericht ist über ein Tunnelsystem mit der Untersuchungshaftanstalt Moabit verbunden.
Der Berliner SPD-Innenexperte Tom Schreiber (SPD) äußerte sich auf Twitter zufrieden über das Vorgehen gegen den Clan-Chef: „Arafat A.-C. wurde im Gerichtssaal festgenommen. Eine gute Nachricht und ein starkes Signal an die OK&Clankriminalität.“ Benjamin Jendro, der Sprecher der GdP Berlin kommentierte auf Twitter: „Berlin hat den großen Einfluss bestimmter Protagonisten in der organisierten Kriminalität durch jahrelanges institutionelles Wegsehen und Kleinreden sowie mangelndes Durchgreifen mit zu verantworten. Es ist ein wichtiges Zeichen unseres Rechtsstaates, dass Arafat A.-C. den Gerichtssaal mal ohne ein Lächeln auf den Lippen verlässt.“
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG) Berlin, Bodo Pfalzgraf, sagte der Berliner Morgenpost: „Diese Strategie der Staatsanwaltschaft ist völlig richtig. Der ganze Einsatz war sehr kräfteschonend geplant. Genau so muss man das machen“.
Der Konflikt zwischen Bushido und Arafat A.-C. hatte sich seit Monaten zugespitzt. Erst Ende November des vergangenen Jahres durchsuchte das Berliner Landeskriminalamt das Grundstück des Clan-Chefs im brandenburgischen Kleinmachnow mit mehr als 100 Beamten, darunter auch Kräfte des Spezialeinsatzkommandos (SEK). Schon damals ging es um den Vorwurf einer geplanten Entführung. Damals sollen mehrere Beweismittel gesichert worden sein.
In Berlin gibt es inzwischen mächtigere Clans
Clan-Chef Arafat A.-C. und der Rapper Bushido hatten sich im Frühjahr des vergangenen Jahres geschäftlich getrennt. Bushido suchte Schutz bei einem anderen Clan. Gerüchten zufolge soll es sich dabei um Ashraf R. handeln. Nicht offiziell, aber in Ermittlerkreisen heißt es, in den Umständen der Trennung liege eines von mehreren Motiven für die Schüsse im Juni auf den Imbiss „Papa Ari“ von Arafat A.-C. In einem Interview mit dem Magazin „Stern“ sprachen Bushido und seine Ehefrau Anna-Maria Ferchichi darüber, wie sehr sie unter Arafat A.-C. und seinem Clan gelitten hätten. Mehrere Mitglieder dieser arabischen Familie gelten als hochkriminell.
Erfahrene Berliner OK-Ermittler schätzen den Einfluss des Clans von A.-C. in Berlin allerdings als nicht übermäßig groß ein. Die Familien R., Al.-Z., C. und M. gelten in Berlin als mächtiger. Allerdings, heißt es aus Ermittlerkreisen, hätte kein anderer Familienclan es so sehr verstanden, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Auftritte von Arafat A.-C. auf roten Teppichen gemeinsam mit Bushido waren ein wichtiger Teil in der öffentlichen Darstellung. Mit der Trennung von Bushido steht das Geschäftsmodell vor dem Aus.
Berlin hatte in den vergangenen Monaten den Druck auf kriminelle Großfamilien spürbar erhöht. So hatten mehrere Behörden und Verwaltungen etwa eine engere Zusammenarbeit angekündigt und einen Fünf-Punkte-Plan beschlossen. Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat zudem ein Zentrum für Analyse und Koordination zur Bekämpfung krimineller Strukturen (ZAK BkS) ins Leben gerufen. Es gelte der Null-Toleranz-Ansatz, hieß es aus Polizeikreisen. Bereits kleinste Regelverstöße sollen konsequent bestraft werden.
Polizei-Großeinsatz bei Clan-Chef in Kleinmachnow