Berlin. Die Größe der Demonstration in Grunewald am 1. Mai hat die Polizei überrascht. „Damit haben wir nicht gerechnet“, sagte Einsatzleiter Siegfried-Peter Wulff am Montag im Innenausschuss. Zu der Demonstration, auf der die Teilnehmer unter anderem gegen hohe Mieten und Verdrängungen protestierten, seien eigentlich 200 Menschen angemeldet gewesen, in der Spitze seien es dann aber 3000 gewesen.
Bei dem Einsatz registrierten die Beamten 82 Fälle von Sachbeschädigung. Laut Polizei wurden 28 Autos besprüht und zerkratzt, darunter auch ein Diplomatenfahrzeug. An 21 Häusern registrierten die Einsatzkräfte ebenfalls Sachbeschädigungen. Auch aus diesem Grund hatte die Polizei ihre Kräfte aufgestockt. In der Spitze waren in Grunewald 700 Beamte im Einsatz. Zu den Sachbeschädigungen kam es offenbar auch, weil kostenlose Spraydosen mit dem Konterfei des EU-Abgeordneten Martin Sonneborn (Die Partei) verteilt wurden. „Dann kann so was auch mal aus dem Ruder laufen“, sagte Einsatzleiter Wulff. Demonstranten hätten das genutzt und neben Autos und Häusern auch Zäune, Wege, Dixie-Toiletten und Laternen besprüht. Sechs mutmaßliche Täter seien festgenommen worden.
Geisel: Gewaltpotenzial der linksextremen Szene nicht unterschätzen
Insgesamt hat die Polizei bei allen Demonstrationen am 1. Mai in Berlin 103 Menschen festgenommen und 370 Verfahren wegen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten eingeleitet. Darunter waren laut Innensenator Andreas Geisel (SPD) 21 Verfahren wegen Landfriedensbruches, 18 wegen Körperverletzung und zehn wegen Widerstandes gegen Polizisten gewesen. Drei Haftbefehle wurden verhängt. Viele der festgenommenen Menschen seien aber schnell wieder freigelassen worden. 21 Polizisten wurden leicht verletzt. Zwei weitere Polizisten mussten ihren Dienst abbrechen.
Obwohl der diesjährige 1. Mai gemessen an den Zahlen der friedlichste seit Beginn der Demonstrationen vor 31 Jahren war, warnte Innensenator Geisel davor, das Gewaltpotenzial der linksextremen Szene zu unterschätzen. Dass es in diesem Jahr keine Ausschreitungen gegeben habe, liege an der guten Arbeit der Polizei und den Menschen, die keine Lust mehr haben, sich den Tag der Arbeit von Gewalttätern kaputt machen zu lassen.
Geisel sprach außerdem von sinkenden Teilnehmerzahlen bei dem linksextremen Block der abendlichen Demonstration und weniger Unterstützung in der Szene. Das bedeute aber noch keine Entwarnung für die nächsten Jahre. Die Polizei müsse wegen der Gewaltbereitschaft weiter wachsam sein. Die Linkspartei forderte trotzdem, die Polizei sollte im nächsten Jahr mit weniger Beamten auf der Straße sein. Die Polizisten hätten andere, wichtigere Dinge zu tun.
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